Alte Musik

Alois Niemetz
800 Jahre Musikpflege in Heiligenkreuz
Heiligenkreuz Verlag 1977

Die Geschichte der Musikpflege im Stift Heiligenkreuz beginnt mit der Gründung durch Markgraf Leopold III. Babenberger. Bedeutende Schriften mit Notationen sind bis heute in der Sammlung zu sehen.

Aus der Gründungszeit des Stiftes Heiligenkreuz haben sich in Zwettl Reste eines neumierten Antiphonars, eines liturgischen Buches für das Stundengebet der Mönche, erhalten (https://www.scriptoria.at/cgi-bin/scribes.php?ms=AT9800-FragmC85). Da die Schrift dieser Fragmente eindeutig dem Schreiber Heinricus, einem der Hauptschreiber der Zeit des Abbatiates des ersten Heiligenkreuzer Abtes Gottschalk (1133-1147) zuzuordnen ist, gehörten die Fragmente ursprünglich wohl einem Antiphonar an, das in Heiligenkreuz geschrieben und an das 1138 gegründete Zisterzienserkloster Zwettl als Teil jenes Grundbestandes an liturgischen Büchern, mit dem jede Neugründung laut Zisterzienserstatuten vom Mutterkloster auszustatten war, übergeben wurde.

Die älteste, vollständig erhaltene Choralhandschrift des Stiftes ist das großformatige, prächtig illuminierte Antiphonar Cod. 20, das unter Abt Werher (1203-1228) angelegt worden ist (https://www.scriptoria.at/cgi-bin/scribes.php?ms=AT3500-20).

Im 15. Jh. wurde eine Kantorei zur Pflege des Gesangs gegründet, im 16. Jh. war Blasius (Anton) Amon der bedeutendste Kantor. Seine musikalische Ausbildung hatte er in Innsbruck erhalten, und er war zur Weiterbildung auf zahlreichen Studienreisen, z. B. nach Venedig, von wo er Neuerungen nach Österreich mitbringt: die dort üblichen Modulationen und die venezianische Doppelchörigkeit. In der Mitte des 16. Jh. schuf Abt Konrad Faber ein feierliches Offizium „Zu den Fünf Wunden Christi“, das er jeden Freitag von den Sängerknaben singen ließ. Aus der Kantorei ging das Sängerknabenkonvikt hervor, das bis 1983 bestand. Zahlreiche der im folgenden genannten Komponisten waren als Sängerknaben in Heiligenkreuz.


(c) Tiroler Landesmuseum – Ferdinandeum

Die Existenz einer Orgel ist für 1538 belegt, Gesang und Instrumentalmusik haben gleichwertig nebeneinander bestanden. Polyphone Kirchenmusik wurde seit Beginn des 17.Jh. gepflegt, P. Alberich Mazak (1609 – 1661, Hauptwerk: Cultus Harmonicus (1649): 88 Motetten, Messen und Offertorien; Weihnachtspastorellen in deutscher Sprache), Franz Gerhard Pruneder (1692 – 1764) und P. Clemens Scheupflug OCist (1731 – 1805) waren bedeutend.

Außerdem befinden sich Werke der Wiener Hofkomponisten Johann Georg Albrechtsberger  (1736 – 1809) und Georg Reutter (1708 – 1772). Er war einer der einflussreichsten Wiener Kirchen-, Opern- und Oratorienkomponisten seiner Zeit, beeinflusst durch Caldara und den neapolitanischen Stil seiner Zeit. Georg Reutters Nachlass (etwa 200 Werke) kam durch seinen Sohn Abt Marian Reutter OCist nach Heiligenkreuz.

Aus dem 19. Jh. sind Johann Ritter von Herbeck (1831 – 1877), Ferdinand Borschitzky (1803 -1889) und Walter Fink (1859 – 1905) zu nennen.

1804 wurde die große Orgel von Ignaz Kober fertiggestellt, an der Aufstellung über dem Portal der Kirche war der Organist Leopold Heldenmuth wesentlich beteiliget, der dann bis 1824 der erste Stiftsorganist an der Kober-Orgel war. Ihm folgten Borschitzky (1824 – 1887) und Fink (1888 – 1903) als Stiftsorganisten. Nach dem 2. Weltkrieg wurde die Koberorgel im nördlichen Querschiff der Stiftskirche neu aufgestellt.

Außerdem wirkten im Kloster Robert (Anton Maria) Klafsky (1877 –  1965) und P. Norbert Hofer OCist (1874 – 1952). Hofer war ab 1903 Organist und Regens chori in Heiligenkreuz, seine musikwissenschaftliche Dissertation (1915) befasste sich mit Reutter („Die beiden Reutter als Kirchenkomponisten“) und er war Herausgeber der Kirchenwerke von Georg Reutter. Seine Kompositionen umfassen 9 Messen, 4 Requiem-Vertonungen, viele kleinere Kirchenwerke, sowie Männerquartette und Lieder.

Aus dem 20. Jh. ist besonders der Nachlass des Wiener Komponisten Ferdinand Rebay (1888 – 1953) zu nennen, den er – als ehemaliger Sängerknabe – dem Stift überlassen hat. Der Nachlass wird derzeit aufgearbeitet und veröffentlicht.

Eine wertvolle Informationsquelle ist das 1977 herausgegebene Werk von P. Alois Niemetz: „Stift Heiligenkreuz. 800 Jahre Musikpflege.“

Das Musikarchiv weist einen historisch gewachsenen Zettelkatalog der vorhandenen Werke auf, außerdem ist ein großer Teil im Online-Verzeichnis musikalischer Quellen RISM gelistet.

Das neu aufgestellte Musikarchiv wurde von Prälat Abt Dr. Maximilian Heim OCist im April 2019 gesegnet.

Viele Freunde des Hauses, Mitbrüder, Wissenschaftler und Interessierte nahmen an der anschließenden Feierstunde im Salon der Prälatur teil.