Moderne Kunst

im Stift Heiligenkreuz

Heiligenkreuz ist berühmt wegen seiner romanischen und gotischen Bausubstanz. Die basilikale, dreischiffige romanische Kirche, der gotische Hallenchor mit dem wunderschönen Kreuzgang, die herrlichen Glasfenster des 13. Jahrhunderts und der Kapitelsaal – Grablege der Babenberger Markgrafen und Herzöge von Österreich – strahlen Ruhe, Besinnung und Geborgenheit aus.

Heiligenkreuz besitzt aber auch eine Reihe von Kunstwerken, die der sogenannten Moderne zuzurechnen sind. “Modern” ist ein geflügeltes Wort und kann für vieles stehen. Am Beginn des 20. Jahrhunderts wuchs dem Wort jedoch eine übergeordnete Bedeutung zu. Aus „modern“ wurde “die Moderne”. Es ist eine fundamental neue Geisteshaltung, die besonders dem Historismus des 19. Jahrhunderts ziemlich radikal den Rücken kehrte. Dieser Historismus beabsichtigte eine möglichst getreue Nachahmung, wenn nicht gar eine Vervollkommnung historischer Bauteile und Kunststile. Je nach vorhandenem Baustil oder nach Vorliebe hatte man neoklassisch, neoromanisch, neogotisch oder neobarock gebaut und eingerichtet.

Aber der Historismus hatte endgültig ausgedient. An seine Stelle sollte nun etwas Ureigenes treten, das dem Alten das Recht lassen, aber selbstbewusst etwas Neues entgegensetzen wollte. Romano Guardini brachte das Kernanliegen dieser neuen geistigen Bewegung auf den Punkt: “Wir wollen nicht zum Mittelalter zurück, wir wollen unsere Gegenwart und Zukunft. Aber wir verlangen danach, dass jene Kräfte, davon das Mittelalter so bildmächtig war, nun wieder erwachen, freilich in unserer Zeit und für uns Heutige.” Das Althergebrachte sollte also nicht verworfen werden, sondern kreativer Baustein sein für das Neue.

Die Aufbruchsstimmung der 1920er Jahre erfasste im Grunde alle Lebensbereiche. Tief und nachhaltig prägt die klassische Moderne Kunstschaffende bis zum heutigen Tag. Hauptantriebskraft für die Verwendung von moderner Kunst in unserem Kloster war und ist eine kirchliche Erneuerungsströmung, die sogenannte Liturgische Bewegung. Ziel dieser Bewegung ist die Neuverkündigung der Glaubenswahrheiten in zeitgemäßer Form und Sprache.
Auch unser Haus wird durch moderne Kunst bereichert, die in gar nicht geringem Maß zu finden ist. Wesentlich zu nennen sind die von Prof. Margret Bilger (1904-1971) geschaffenen 13 Bleiglasfenster. In den Jahren 1963 und 1964 entwarf sie im Auftrag des Abtes Karl Braunstorfer diese 13 Fenster für die um 1290 konsekrierte Bernardikapelle in unserem Stift Heiligenkreuz. Nicht zu vergessen ist das von Bilger geschaffene Glasfenster in der Totenkapelle. Man kann sogar sagen, dass ihre Beschäftigung hier in Heiligenkreuz und die Begegnung mit Braunstorfer und der Architektur unseres Hauses ihre Konversion zum Katholizismus vorbereitet haben.

Weitere Meilensteine heutiger Kunst sind die Arbeiten unseres Heiligenkreuzer Künstlermönchs P. Raphael Statt OCist (* 1958). P. Raphael arbeitet mit Glas, Metall und Stein. So sind das Triptychon der Ölbergkapelle am Beginn des barocken Kreuzweges, die Bronzestatue Papst Benedikts XVI. im Hof der Hochschule, die Glaswand „Himmlisches Jerusalem“ in der Hochschule Heiligenkreuz und die Verkündigungskapelle in Trumau bleibende Zeugen unserer Zeit. Nicht unerwähnt bleiben darf ein Kunstwerk aus der Hand des Goldschmieds Wolfgang Eidel aus Augsburg. Er schuf im Auftrag von Abt Franz Gaumannmüller einen Kelch, der zeitgemäß und in einer klaren, geradlinig-schönen Form würdig ist und in der Liturgie seinen Platz einnimmt.

 

Unser Stift zählt nicht unbedingt zu den vorrangingen Stätten und Sammlungsorten der modernen Kunst. Aber die hier genannten und im Stift aufbewahrten Kunstwerke unserer Zeit zeugen von Glauben der Künstler und Künstlerinnen und dem Streben nach Verkündigung des Glaubens in der Sprache der Schönheit.