Repräsentationsräume

Barocke Hofquartierpflicht – Repräsentationspflicht – in den österreichischen Erblanden
Doppelfunktion der Stifte als Klöster und Residenzen

 

Schon im Mittelalter gehörte es zu den Pflichten der Reichsstifte, den reisenden Kaiser, der seiner Residenzpflicht in seinem Herrschaftbereich nachzukommen hatte, zu beherbergen. Aus dieser Reisetätigkeit wurde die sogenannte [barocke] Hofquartierpflicht entwickelt. In Zusammenhang mit den Hofreisen erwähnt Friedrich Carl von Moser in seiner 1755 erschienen Abhandlung über „Teutsches Hof-Recht“ dass „in alten Zeiten … die Clöster zugleich Herbergen der Großen“ waren. Diese Hofquartierpflicht bildet eine historische Voraussetzung für die sogenannten Kaiserzimmer und barocken Kaisertrakte mit ihren zum Teil prachtvollen Stiegenanlagen.
Die Errichtung und Einrichtung eigener Profangbeäude für den Landesherrn bzw. für dessen Stellvertreter war schon im Mittelalter gegeben und in Zeiten, in denen das Reisen notwendig war, unumgänglich. Als Unterbringungsort waren die Klöster befähigt und wirtschaftlich potent genung, diesem Ansinnen zu entsprechen. Besonders bei jenen Klöstern, bei denen der Landesfürst das Vogteirecht ausübte wie z.B. in Heiligenkreuz, Lilienfeld und Altenburg. Ab der Mitte des 17. Jhs. gehören in Österreich zu einem richtigen Stift untrennbar der ‚Kaisersaal‘ und die ‚Kaiserzimmer‘ dazu. Dieses Phänomen ist fast ausschließlich auf den Herrschafts- und Einflußbereich der Habsburger [Habsburgische Erblande] beschränkt. Hier erkennt man die Ursache für die unterschiedliche historische Entwicklung der Klöster Europas. Bei den Landesfürstlichen Grablegen in Melk, Heiligenkreuz, Klosterneuburg, Mauerbach, Stams und Seckau war die Beherbergungspflicht in „Kaiserzimmern“ durch die in diesen Häusern vorhandenen Grablegen der Herrscherfamilien und der gefeierten Jahrestage verbunden. Auch die Nachkommen dieser adeligen Familien unterzubringen, war für die Stifte selbstverständlich. Es war sohin unumgänglich, die für die anreisenden Mitglieder der Herrscherfamilie notwendigen Räumlichkeiten standesgemäß einzurichten. Es war eine fruchtbare Zeit für Architekten, Handwerker und Künstler. Durch die Auftragsflut (ab dem 2. Drittel des 17. Jh.) waren die Familien der Beteiligten wirtschaftlich abgesichert und hatten zudem eine Aussicht auf eine sichergestellte Altersversorgung.
So haben wir wohl die Wurzel der sogenannten Kaiserzimmer offengelegt.

P. Roman Nägele OCist e.h.


Weiterführende Literatur

Carl Friedrich von Moser, Teutsches Hof-Recht, IX. Buch / V. Cap. „von den Reisen des Hofs“ § 12. „Von der Tafel und Zehrung auf Reisen“  S. 598.

Friedrich Polleroß, Imperiale Repräsentation in Klosterresidenzen und Kaisersälen, in: Alte und moderne Kunst, 30 (1985), Nr. 203.pp. 17-27.